(Was im Sommer ein Weißfischmagnet sein kann, entpuppt sich bei Wassertemperaturen unter 7°C als Karpfengarant. Die Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig und nur durch unsere Phantasie begrenzt.)
Kalter Wind zog durch meinen luftigen Schirm trotz eingezippter Front. Der Schirm stand notdürftig auf einem unbelebten Waldparkplatz auf dem Schotter. Da wo sich sonst die Jogger trafen lag jetzt alles verlassen. Ich saß auf der Liege und wärmte mir die Finger an der Gasheizung.
Die warme Luft wurde aber sofort vom Wind erfasst und unter der schlecht mit dem Boden abschließenden Schirmplane heraus geweht. Ob das eine gute Idee war? Wir befanden uns in der letzten Novemberwoche und das Wasser war knapp vor der gefühlten Eisbildung.
Die Karpfen zeigten in den vergangenen Tagen kaum noch Aktivität an der Oberfläche und auch die vielen kleinen Barsche, die sonst in unmittelbarer Ufernähe zu sehen waren, hatten sich bereits ins tiefere Wasser außerhalb meines Sichtfeldes zurückgezogen. Mir wurde klamm und ich machte mir einen wärmenden Tee.
(Gedanken an solche Karpfen hielten meine Finger warm.)
Eigentlich bin ich kein Typ für die Winterangelei. Ich hasse nichts mehr als kalte Finger und kein Handschuh hat mich bisher davor bewahren können. Dazu kommt die frühe Dunkelheit. Daher lasse ich es normalerweise bleiben mir den letzten Tritt vor dem Closing durch das Eis zu holen, indem ich mit einem Blank in die Winterpause gehe.
Dann gefrorenes Tackle hass-voll in den Keller verfrachten, wo es dann bis April unberührt liegen bleibt – davon hatte ich eigentlich genug. Aber nun wollte ich es nochmal wissen. Ich hatte den See länger im Auge, denn meiner Meinung nach war er prädestiniert für die sehr späte Jahreszeit. Im Sommer voller Kraut konnte der See nur schlecht beangelt werden und große Bereiche hatten das ganze Jahr über keine Montage gesehen. Die Fische wussten wo sie sicher waren und sprangen dort im Herbst ganz dreist und ohne jegliche Angst.
Das hatte ich beobachtet. Jetzt war das Kraut größtenteils zusammen gefallen und aus meiner Erfahrung heraus wusste ich, dass die Bereiche bei auskühlendem Wasser die besten sind, die im Sommer das meiste Kraut aufweisen – wenn denn das Wasser an der Stelle etwas tiefer ist. Für meinen Plan sollten vier Meter reichen denn der tiefste Bereich des Sees lag bei ca. sechs Meter.
(Auf sowas beißt es einfach)
(Haben die Karpfen einen Winterspot akzeptiert ist es ganz einfach ihn am laufen zu halten – dazu sind geringe Mengen Futter notwendig. 300-500g pro zwei Tage reichen um den Fischen einen Happen zu servieren und sie in der Nähe des Spots zu halten. Denn desto kälter das Wasser wird desto standorttreuer sind die Karpfen.
Ganz im Gegenteil zum Sommer, wenn sie große Strecken zurücklegen und der Futterplatz länger für andere Fischarten brach liegt. So beanspruchen die Karpfen im Winter einen Platz für sich indem sie einfach in unmittelbarer Nähe des Futters verweilen. Die fast inaktiven Weißfische haben so erst recht keine Chance einen Bissen abzubekommen.)
Also hatte ich etwas Teigmix mit Dosenmais und Fresh Water Liquid angemischt und sparsam den Platz befüttert auf dem ich die Karpfen so oft aber machtlos beobachtet hatte. Im Verhältnis fütterte ich 1/10 Boilies zu Teig. Also 900 Gramm Teig und nur 100 Gramm Boilies. Bei den Boilies griff ich wie so oft in diesem Jahr zu den GLM Boilies in 20mm und mischte einige Dickenmittel Boilies in 24mm darunter.
Die beiden Sorten passen sehr gut zueinander und werden von den Fischen hervorragend angenommen – besonders bei kaltem Wasser. Die Regel ist klar: Desto weniger Futter verwendet wird desto attraktiver und hochwertiger sollte man es wählen. Als Hakenköder bediente ich mich wie fast immer in diesem Jahr den Dickenmittel Boilies in 24mm und als visuellen Reiz hatte ich einen 12mm yellow lightning Pop Up über dem 24mm Hakenköder montiert.
(Selbst am 28.12.2012 ließen sich zwei Karpfen nicht vom bewährten 24’er Schneemann abhalten. Im Winter kleine Köder zu wählen ist kein Muss!)
Gut gehen auch alle anderen hellen Pop Ups. Den Schneemann dann noch im Fresh Water Incubator veredelt, das ganze 10min trocknen lassen und raus damit auf den Spot. Für mein Vorhaben brauchte ich nicht viel Futter da ich die Fische in unmittelbarer Nähe meines Spots vermutete. Die Vorfächer band ich aus 25lb Fluorocarbon da ich ungefähr 100m weit werfen musste.
So ging ich sicher das es auf keinen Fall eine Verhedderung beim Werfen gab was ich bei weichen Vorfächern ständig habe – außer ich lege mit dem Boot ab. Als Haken benutzte ich einen stabilen 6’er den ich mit einem LignAligner und etwas Silikon in Form brachte, so drehte er sich schön synchron mit dem Boilie am Haar.
(Ein großer Ring an der Oberfläche direkt über meinem Futterplatz verriet ihn am späten Nachmittag unmittelbar nach meiner Ankunft. Am gesamten See war keine Aktivität von Fischen auszumachen. Sie hatten den Spot gefunden. Oder hatte ich ihn gefunden? Kurz nach dem Rollen kam der Biss dieses 25,5kg schweren Winterkarpfens.)
Die Ruten lagen und alles schien perfekt. Zumindest im Wasser und auf dem Rutenständer. Mit vorrückender Dunkelheit kamen mir aber Zweifel ob es zuhause nicht angenehmer sei und ich wieder mal meiner Karpfenangelsucht zum Opfer gefallen bin. Ich stellte mir schon vor wie beim Einpacken starker Wind und Schneeregen meine Finger zu Eiszapfen erstarren lässt.
Aber was sollte ich zuhause? Vor dem Fernseher vom Wasser träumen? Nein, dann schon lieber vom Wasser aus vom Fernseher und der warmen Wohnung, so herum gefiel es mir schon besser. Ich wollte drei Nächte bleiben und wenn es gut lief nochmals weitere drei mit einer Pause von vier Tagen dazwischen in der ich meine Arbeit erledigen wollte – so der Plan.
(Mit Teig aus dem Hause Naturebaits ist vieles möglich. Kocht man den Hakenköder wird der Teig hart und umhüllt den Boilie – dank Nyco Meth 2000 inside)
(Fängige Teigballen geknetet)
(Wer hat denn hier „Häufchen“ gemacht? Die Teigkugel im Schnee sieht schon merkwürdig aus… )
(Gerade bei sehr kaltem Wasser fische ich immer mit Schneemännern basierend auf hellen PopUps kombiniert mit extrem attraktiven Hakenködern, wie den Dickenmittel Boilies. Dann ist weniger mehr!)
Schlussendlich ging mein Plan auf. Ich konnte in den zusammengerechnet sechs Nächten regelmäßig Karpfen fangen. Leider gab es keine festen Beißzeiten sodass ich mich nicht auf die Fische einstellen konnte. Mal kam ein Biss morgens, dann einer mittags, einer abends und dann wieder einer mitten in der Nacht.
Ich erklärte mir das Verhalten der Karpfen so, dass sie sich nur unweit meiner Futterstelle aufhielten und rein nach ihrem Hungergefühl und Befinden die Stelle aufsuchten. Anders verhält es sich bei warmem Wasser wenn man auf den Zugruten der Fische fischt. Dann kommen die Bisse fast immer zu ähnlichen Uhrzeiten und man kann sein Angeln danach ausrichten.
(Zwillinge? Nein – aber fast…)
Ja der Angeldruck auf die Fische sehr hoch zu sein schien haben sie eine Methode entwickelt das Futter vom Platz zu fressen und sich nicht zu haken. Man erkennt das an wackelnden Rutenspitzen und einem hochziehen des Swingers der dann gleich wieder um einige Zentimeter absackt.
Manche Angler sagen dann sie hätten die Brassen am Platz, aber nein-nein, weit gefehlt es sind die schlauen Karpfen. Ich hatte jeden Morgen und jeden Abend um die gleiche Uhrzeit so einen Fehlbiss. Ich war sicher einen scheuen großen Karpfen auf der Futterstelle zu haben der sich nicht hakte.
Man kann dann die ausgefallensten Montagen binden, der Bursche hakt sich einfach nicht, außer der Anschlag wird unmittelbar während des Bewegungsprozesses gesetzt. Aber dazu muss man sich direkt neben der Rute befinden.
Am letzten Abend war ich gerade damit beschäftigt eine Rute wieder flott zu machen an der ich einen kleinen Schuppenkarpfen gefangen hatte, da hob sich der Swinger meiner Großfischfalle einige Zentimeter um dann sofort wieder abzusacken. Ich stand direkt daneben und nagelte hin! Der hing. War der Teigdieb gefasst…?
(Der Teigdieb schien gefasst. Nach seinem Fang kamen keine „Andüdler“ mehr. Er hatte meinen Futterplatz in Beschlag und labte sich viele Tage an den Teigstückchen und trieb mich fast in den Wahnsinn mit seinen all-morgendlichen und all-abendlichen Fehlbissen. Dieser Fisch überraschte mich, denn ich hatte ihn lange nicht gesehen…)
Zu guter Letzt noch einen Tipp:
Habt ihr so eine Stelle gefunden, die Ende November noch Fische bringt kann die Stelle bei sehr geringem Futteraufwand bis zur Eisbildung fängig gehalten werden. Die Karpfen quartieren sich regelrecht in der Nähe der Stelle ein und kommen immer wieder, auch bei Wassertemperaturen von nur 4°C auf den Futterplatz. Das geht so lange bis kein Futter mehr eingebracht wird, was zweifellos dann der Fall ist wenn der See zufriert.
Da im Winter die natürliche Nahrung längst nicht mehr so üppig vorliegt wie im Sommer stellen die Karpfen dann früher oder später ihre Bewegungen komplett ein um Energie zu sparen. Den Platz im Januar wieder zu reaktivieren ist schwer – außer man hat das Glück und die Fische ruhen unmittelbar in dem Bereich in dem man sie zuletzt beangelt und damit auch gefüttert hat.
Das passiert wenn Aufgrund guter Gewässerkenntnis ein Bereich gewählt wurde den die Karpfen als Winterquatier akzeptieren.
(Die Rute die im Sommer ein Garant für viele Fische war, brachte jetzt im Winter entweder keinen Biss oder nur noch Schuppis. Trotz sechs Meter Wasser fühlten sich die Fische hier scheinbar unwohl denn es war die einzige krautfreie Zone im See… der vier Meter Spot mit zusammengefallenem Kraut schien ihnen ein sicherer Standort trotz geringerer Tiefe.)
(Dann kam das erste Eis und das Wasser kühlte auf vier Grad ab. Jetzt braucht es schon eine extrem lange milde Phase und kräftigen Wind um die Fische wieder zu reaktivieren. Kommt diese aber wird der letzte winterliche Futterplatz des Sees die erste Stelle sein auf der die Karpfen nachsehen… Und wer vor hat auch über das Jahr eine Runde Angeln zu gehen sollte immer mal ein Händchen Futter rieseln lassen, wenn das Eis nicht alles unmöglich macht.)
(Und wie bereits beschrieben – selbst als das Eis Ende Dezember vom See aufgrund einer Warmluftphase verschwand erinnerten sich die Karpfen an den Spot. Oder waren sie gar nicht so weit weggeschwommen? Im Winter zählt jeder Fisch!)
Abschließende Erklärung:
Da ich immer wieder gefragt werde was es mit dem Dickenmittel auf sich hat gerne an dieser Stelle nochmal die Details: Wir hätten die Boilies auch anders nennen können aber Dickenmittel merkt man sich einfach super – zusätzlich hat das Dickenmittel im Fresh Water Mix anscheinend eine sehr attraktive Wirkung auf große Karpfen. Besonders instant wirkt es Wunder.
Ich habe niemals zuvor so viele kapitale Karpfen bei so geringer Angelzeit gefangen wie in diesem Jahr. Mehr kann ich dazu nicht sagen alles andere muss man selbst herausfinden