Ich stehe an der Kasse eines Intermarches mitten in Frankreich, der Rose und das Fleisch auf dem Kassenband lassen auf ein paar ruhige letzte Tage schließen. In der Boulangerie nebenan hole ich mir noch schnell ein Baguette und einen starken Kaffee, kurz darauf sitze ich ein letztes Mal im Auto.
Vertraute Idylle
Die kleine Brücke die ich zwei Stunden später überquere, dient mir schon seit einigen Jahren als Aussichtspunkt und als erster Stopp an diesem kleinem Kanal. Direkt unter mir liegt ein großes Hausboot, welches ringsherum von einzelnen Krauthalmen umgeben ist. Das Wasser schimmert leicht grünlich und immer wieder schießen Weißfische zwischen dem Kraut an die Oberfläche.
16er GLMs im Hochsommer
Für die erste Nacht setzte ich mich nur wenige Meter neben einen alten Kahn und befischte ein vor mir liegendes Krautfeld wie die Außenseite des Bootes. Eine Hand voll GLM Boilies in 16 mm streute ich grob um jede Rute, als Hakenköder diente mir ein Weightless derselben Größe.
Erfahrungsgemäß konnte ich mit höchstens eins bis zwei Bissen die Nacht rechnen, jeder weitere Fisch wäre ein Bonus. Die Ruten lagen und ich machte es mir gemütlich, um mich der Flasche Wein und einer Packung Merguez Würstchen zu widmen. Mit der untergehenden Abendsonne wurden die letzten Freizeitboote geschleust, kurz darauf saß ich ganz alleine in Mitten der vollkommenen Ruhe dieser menschenleeren Gegend.
Zwei Piepser reichen aus
Das erste Licht des neuen Tages schimmerte schon durch die Bäume als sich das erste Mal eine meiner Ruten meldete. Zwei kurze Piepser reichten aus und schon stand ich mit krummer Rute an der Spundwand. Ein alter kantiger Spiegler glitt in meine Maschen, mit etwas über 18 kg gehörte er schon mit zu den besseren Fischen dieses Abschnittes. Nach einem starken Kaffee packte ich ein, da ich die Fische weiter oberhalb vermutete, wollte ich so schnell wie möglich umziehen.
Nach ca. 1 Kilometer kam ich an eine Lichtung, der erhöhte Sonneneinfall auf das Wasser verursachte hier ein extrem dichtes Krautvorkommen. An den Anfang wie an das Ende dieses riesigen Krautfeldes verteilte ich meine Ruten jeweils in die möglichen Zugrouten der Karpfen.
Keine Zeit zum Verschnaufen
Nun hatte ich den ganzen Tag Zeit, um endlich die Bilder der vergangenen zwei Wochen zu sichten – dachte ich! Bereits vormittags bekam ich den ersten Biss, der kleine Schuppi durfte jedoch schnell wieder zurück in die Fluten, da sich bereits der Delkim einer anderen Rute meldete. Ich ging also mit zwei Fischen auf der Habenseite in meine letzte Nacht. Der letzte schluck Rose´ besiegelte mit der untergehenden Sonne nicht nur das Ende meiner Reise, sondern auch das Ende der Ruhe am Kanal. Die ersten vier springenden Fische mitten im Kraut sollten die Vorboten für das sein, was in kommenden Stunden geschah.
Fangrausch am Meetingpoint
Das Krautfeld endpuppte sich als wahrer Treffpunkt der Fische, was somit für mich einen absolut unerwarteten Fangrausch zur Folge hatte. Noch während ich meine GLM Boilies nach einem Run auf die Spots warf, lief schon die nächste Rute los und ein weiterer Kanalkarpfen fand sich in meinem Kescher wieder.
Doch das wahre Highlight und die absolute Kirsche auf der Sahne kam wie bekanntlich immer zum Schluss. Noch ein letztes Mal in diesem Urlaub schrie mein Bissanzeiger nach mir und schon während des Drills vermutete ich, was sich wenig später auf meiner Matte wiederfinden würde…
Die Kirsche auf der Sahne
Eine Schuppe, zwei Schuppen, ein ganzer Spiegler voller großer Apfelscheiben und das zum Abschluss meiner Reise! Besser konnte ich diese zwei Wochen nicht enden lassen und selten machte mir das Einpacken so viel Spaß wie in diesem Moment.
Mittlerweile sitze ich wieder zuhause und sichte die Bilder während ich diese Zeilen schreibe. Der Freiheitsdrang in wächst von Bild zu Bild wieder in mir. Ich glaube ich muss wieder los, ich glaube ich muss wieder anfangen zu planen.
Bis dahin, viel Spaß am Wasser!
Gruß Benni
Autor
Benjamin Kessenich
geboren 1986, ist gelernter Anlagentechniker im Bereich Heizung, Klima- und Lüftungstechnik. Bereits im zarten Alter von 4 Jahren wurde Benjamin von seinem Vater zum ersten Mal mit ans Wasser genommen. Diese Erfahrung muss etwas ausgelöst haben, das in den Folgejahren durch Erziehung und Maßregelung nicht mehr weg zu bekommen war. Eine leidenschaftliche Besessenheit, die sich mit den Jahren immer weiter entwickelte. Im weiteren Verlauf wurde er vom Allrounder zum ambitionierten Karpfenangler, der nicht nur durch dicke Fische überzeugt, sondern auch besonders durch tolle Beiträge und richtig tolle Bilder.
Benjamin befischt alle möglichen großen wie kleinen, stehende wie fließende Gewässer rund um den Köln-Bonner-Raum. Dazu zieht es ihn auch regelmäßig an die großen Flüsse und Seen Frankreichs. Ständig auf der Suche nach diesem einen Moment, dieser einen Sekunde, die einen Angeltag unvergesslich macht.