(Alleine angeln macht frei und ist sogleich die produktivste Art um zum Erfolg zu kommen…)
Der Herbstanfang des letzten Jahres verlief mal wieder mehr als typisch. Hier im Norden war es lange viel zu warm und später wurde es zu schnell zu kalt. Ich vermisse schon die letzten Jahre das typische regnerische Ekelwetter mit hartem Westwind und konstanten Luftdruck.
Wobei: Konstanter Luftdruck und starker Wind hält lange selten an. Warum eigentlich? Wind entsteht, wenn in zwei Regionen unterschiedlicher Luftdruck herrscht. Simple betrachtet ist Wind also eine Art „Druckausgleich“ zwischen zwei Wetterregionen.
Dreht der Wind also auf West haben wir einen höheren Luftdruck als eine Region um uns herum. Die Entfernung spielt dabei eine weniger interessante Rolle. Ich weiß also, dass der Westwind und mit ihm der fallende Luftdruck nur solange anhält, wie kein „Druckausgleich“ geschehen ist.
Diese Zeit ist mir für mich die produktivste Zeit und versuche diese Perioden so gut es geht am Wasser zu verbringen. Bei gutem Timing kann man hier richtig gute Fänge erleben.
Doch zurück zu letztem Herbst. Ich war irgendwie an genervt von meinem Job und hatte etwas Neues in Aussicht. So hatte ich im Oktober ein wenig Zeit herunter zu kommen und mich voll und ganz auf meinen neuen Job zu konzentrieren.
Ich schaufelte mir etwas Zeit frei und fuhr nach Nordfrankreich. Ich erzählte nur einigen Kumpels davon, um nicht noch mehr Druck auf mich aufzubauen. Ihr kennt das sicher. Zieht man mal eine Woche blank, so darf man den 30 Freunden im Nachhinein erzählen, dass mein leider nichts fing. Dem wollte ich entgehen. Dauerkontakt hielt ich nur mit Jan und Niklas.
Jan besuchte ich auf dem Weg, um mir noch ein paar frische Tuna Sc’s zu holen. Niklas kennt mich und meine Angelei und hat oft einen passenden Tipp. So rollte mein völlig überladener Focus über einen kleinen Feldweg zum nahe dem See gelegenen Campingplatz.
Eigentlich ist es überhaupt nicht meine Art viel Zeug mit zu schleppen. Doch ich brauchte einfach eine Menge Unterhaltung um mich die nächste Woche alleine zu beschäftigen. Dazu hatte ich mein großes Invader und einen Benziner samt Tank dabei. Das fraß ordentlich Platz.
(Zunächst hielt sich auch hier der Wind zurück…)
Ich suchte mir einen Platz unweit der Staumauer. Schon auf dem Weg dorthin fiel mir der hohe Wasserstand auf. Normalerweise sollte dieser bereits 1,5 Meter unter diesem hier liegen. Der See weist kaum Strukturen.
Lediglich das kleine alte Flussbett auf Höhe der Staumauer konnte ich finden. Strategisch erschien es mir sinnvoller einen möglichst großen Bereich abzudecken. So verteilte ich die Ruten so breit ich konnte und fütterte einen möglichst großen Bereich mit wenig Futter. So konnte ich sicher gehen dass Fische meine Boilies schneller finden und ich sie zum Suchen animiere.
Das schien zu funktionieren, denn schon am ersten Abend konnte ich einen kleinen Spiegler fangen. Der 24mm Tuna war kein Problem für den Kleinen. Lediglich auf einer Rute fischte ich einen Schneemann mit einem Natural Bloodworm Popup.
Die anderen drei bestückte ich mit einem 24er Single Tuna Sc Weightless Hookbait. Ich liebe diese Boilies, weil ich zu jeder Jahreszeit ein absoluter Fan von Bierhefe bin. Sie ist eine günstige aber hochattraktive Zutat, die auch noch verdauungsfördernd ist.
(Sc steht für Bierhefe. Ein Boilie der konstant fängt – Unser Tuna Sc…)
Am dritten Morgen konnte ich erst einen Spiegler um die 14 Kilo fangen. Er war eigentlich ziemlich groß aber für einen Nordfranzosen wirklich sehr schmal. Als ich die Rute erneut legte, lief sie direkt wieder ab. Dieses Mal hing definitiv etwas Gewichtigeres dran.
Der Westwind drückte das große Invader immer mehr zur Staumauer. Trotzdem war ich froh nicht meine Falte eingepackt zu haben. Immer wieder nahm ich die Rute zwischen die Knie und drückte mich mit großen Schüben aus der Brust gegen die Wellen. Irgendwann sah ich den Fisch an der Oberfläche, kam aber nicht heran.
Tja, mit einer ziemlich turbulenten Aktion, die ich hier nicht näher beschreiben möchte (haha) konnte ich den Spiegler mit 20,4 Kilo tatsächlich keschern. Puuh! Jan kam frühen Vormittag auch an den See und so konnte er mir den Fisch am Abend fotografieren. Was für ein cooler Moment!
(Wie eine Flunder: Groß und platt…)
(Mit den Knien gedrillt und doch bekommen…)
Mir schien der Bereich rechts von mir interessanter. So zog ich einen Platz weiter um die Ruten besser staffeln zu können. Auf meine Rute direkt an der Staumauer musste ich so leider verzichten. Ich sprach auf diesem Platz noch mit zwei Holländern die nach zwei Wochen ohne Fisch heimfuhren.
Sie sagten mir, dass sie letztes Jahr bei niedrigerem Wasserstand richtig gut fingen und die Fische anscheinend nicht hier seien würden. Komisch, wenn ich mir sicher wäre, dass keine Fische in meinem Areal sind, dann würde ich normalerweise weiterziehen. Ich konnte schon am Vortag beobachten, dass die Jungs ihre Ruten maximal auf 150 Meter Entfernung legten. Von meinem Platz konnte ich deren Areal ebenfalls befischten.
Zwei Ruten legte ich links heraus, wo zuvor meine beiden Rechten lagen. Mit einer Rute ließ ich es mir nicht nehmen das Areal der Holländer zu befischen. Nicht wie die beiden in 150 Meter Entfernung zum Ufer, sondern um mehr als das Doppelte.
Eigentlich musste es so kommen, denn schon am ersten Morgen auf dem neunen Platz fing ich einen Fisch im Holländer-Areal, links folgten ein Waller und noch ein Schuppi. Nach vier Nächten auf diesem Platz waren die Unterhaltung und der gesamte Essensvorrat aufgebraucht. So verließ ich schließlich diesen Platz mit einem weiteren Spiegler knapp unter der 20 Kilo Marke. Gefangen ebenfalls, wer hätte es geglaubt im Holländer-Areal.
(Der kleinste Fisch dieser Woche. Windig ist es geworden! 🙂
(Von hier konnte ich einen riesigen Bereich befischen…)
(19,8kg und der letzte Fisch der Woche…)
Nun die Frage: Warum fangen die beiden Holländer zwei Wochen nichts und der Zander kommt dort drei Nächte vorbei und kann eine Hand voll Fische fangen? Ganz einfach: Es ist nichts anderes als mit dem Wind. Wahrscheinlich angeln viele Leute auf diesem Platz in einer Entfernung von 100-200 Metern.
So meine Vermutung. Auf dem Echolot konnte ich in jeder Entfernung zum Ufer Fische finden. Deren Grund „Hier sind keine Fische, weil er Wasserstand nicht stimmt“ ist also nichtig. Doch weiter draußen herrscht einfach weniger Angeldruck.
So ziehen Fische gerne dorthin, wo am wenigsten Artgenossen gehakt werden. Mal ganz ehrlich, wer kommt bei großen Schilfgürteln und flachem Wasser auf die Idee eine Rute einfach 350 Meter in den See rein zu legen?
Stichwort: Druckausgleich! Ich muss dazu sagen, ich verstand mich mit den täglichen aufziehenden Raubfischanglern sehr gut. Ich fische hier ausschließlich eine sinkende monofile Schnur, um nicht gefangen zu werden. Trotz alledem kriege ich jeden Biss sauber mit. Das ist sehr wichtig bei dieser Entfernungsangelei.
(Weit raus = große Fische? In diesem Fall hat es jedenfalls super funktioniert…)
Grüße aus dem Norden.
Philipp