Roadtrips haben einen großen Nachteil: Man muss ständig ein und auspacken… An diesem Tag war es mal wieder soweit: Das Auto war endlich beladen und ich mehr oder weniger bereit das nächste Gewässer anzusteuern. Obwohl ich noch während des Einpackens Bisse bekam, hatte ich das Gefühl nun weiter ziehen zu müssen…
Gehn, wenn es am Schönsten ist…
Zwei Nächte, mehr wollte ich keinem See geben. Und ich hielt mich auch jetzt daran und das obwohl eine nasse Abhakmatte, stinkende Slings und triefende Kescher mir eigentlich das genaue Gegenteil entgegen schrien. Aber auf das nächste Gewässer freute ich mich ganz besonders. Ein kleiner See, der am Fuße eines Gebirgszugs lag und mir für die kommenden zwei Nächte ganz alleine gehören sollte.
Nach einer abenteuerlichen Fahrt durch unwirkliches Gelände und der immer wieder kehrenden Skepsis, ob ich hier jemals wieder herausfinden würde, lag er plötzlich vor mir. Das Ufer war umringt von Totholz, welches sich bis auf 12m Tiefe erstreckte. Davor befand sich ein kleiner Streifen harter Untergrund, der sich noch als wahrer Hot-Spot erweisen sollte.
Adrenalinsüchtig
Massenfänge wie die der letzten Tage waren hier jedoch nicht zu erwarten, dieses kleine Traumgewässer galt eher als kompliziert und die meisten Angler verließen es ohne Fisch. Jedoch hatte ich mit dem kleinen harten Streifen direkt vor dem Unterwasserwald den richtigen Riecher. Wenn ich heute an die Läufe in diesen zwei Tagen zurückdenke, dann erinnere ich mich vor allem an das Adrenalin, welches bei jeden noch so kleinen Ton meiner Delkims durch mich hindurch schoss.
That’s fishing!
Die ersten 30 Meter musste ich vom Ufer aus drillen, erst dann konnte ich mir sicher sein, die Fische nicht im Holz zu verlieren, wenn ich sie mit dem Invader ausdrillte. In dem bis 5m klaren Wasser wusste ich immer sehr schnell, mit welchem Fisch ich es zu tun hatte. Es ist schon ein besonderer Nervenkitzel im Licht der hochstehenden Sonne tief unter seinem Boot eine Flanke ausmachen zu können. Nicht so lustig wird es jedoch, wenn man schon früh die Umrisse eines großen Schuppis erblickt.
Wohl wissend, dass die wenigen Schuppis in diesem Spieglersee Mitglieder der A-Teams sind und kurze Zeit darauf natürlich das Unvermeidliche geschehen musste. Nach einem kurzen Ruck kam die Montage nach oben geschnellt und ich schlug vor lauter Wut die Rute auf die Wasseroberfläche, that‘s fishing!!!
Bock auf Stress?
Ich blieb jedoch auch an dieser besonderen Perle meiner eigenen Vorgabe treu und brach hier nach zwei Nächten meine Zelte wieder ab. Ich hatte mal wieder Bock auf ordentlich Stress durch Delkim-Sound und wollte es mir an einem 1ha großen und sehr üppig besetzten See so richtig geben.
Ich fischte hier nur mit zwei Ruten, da ich durch Erzählungen schon wusste, was hier in „normalen“ Nächten möglich ist. Als der Morgen graute, hatte ich keine Rute mehr im Wasser. Ich hatte 14 Fische auf der Habenseite, von ca 6 bis 17 kg, von Spiegler bis Schuppi und dazu auch noch zwei Schleien, ich hatte genug.
Bei der Betrachtung meiner Gewässerliste fielen mir nun noch zwei Ziele ins Auge. Ein mir vollkommen unbekanntes Krautloch und ein kleiner Kanal, den ich mittlerweile schon fasst zu meinen Hausgewässern zählen muss. Es war schon Nachmittag als ich am Ufer des Krautsees ankam. Die Bedingungen hatten sich wie zu Beginn meiner Reise wieder deutlich verschlechtert. Das Thermometer zeigte über 30 Grad, dazu war es nahezu Windstill. Und somit brauchte es auch über 24 Stunden, bis sich meine Rute auf 7 Meter Tiefe das erste Mal meldete.
Gebraten wie ein Spiegelei
Ein 16 mm Dickenmittel 2.0 Weigthless Hookbait, dazu vielleicht 5 Dickenmittel 2.0 Boilies, mehr kam bei diesen Bedingungen nicht in mein Krautloch und mehr benötigte es auch nicht. Ein alter bulliger Spiegler war letztendlich der verdiente Lohn dafür, zwei Tage lang ohne eine Chance auf Schatten wie ein Ei gebraten zu werden.
Nun war ich fasst am Ende meiner Reise angelangt und ich würde nun das erste Mal an einem mir bekannten Gewässer meine Ruten auslegen. Es sollten zwei Nächte werden, die mir noch lange in Erinnerung bleiben, aber dazu mehr im nächsten Teil. Fortsetzung folgt!
Benjamin Kessenich
Autor
Benjamin Kessenich
geboren 1986, ist gelernter Anlagentechniker im Bereich Heizung, Klima- und Lüftungstechnik. Bereits im zarten Alter von 4 Jahren wurde Benjamin von seinem Vater zum ersten Mal mit ans Wasser genommen. Diese Erfahrung muss etwas ausgelöst haben, das in den Folgejahren durch Erziehung und Maßregelung nicht mehr weg zu bekommen war. Eine leidenschaftliche Besessenheit, die sich mit den Jahren immer weiter entwickelte. Im weiteren Verlauf wurde er vom Allrounder zum ambitionierten Karpfenangler, der nicht nur durch dicke Fische überzeugt, sondern auch besonders durch tolle Beiträge und richtig tolle Bilder.
Benjamin befischt alle möglichen großen wie kleinen, stehende wie fließende Gewässer rund um den Köln-Bonner-Raum. Dazu zieht es ihn auch regelmäßig an die großen Flüsse und Seen Frankreichs. Ständig auf der Suche nach diesem einen Moment, dieser einen Sekunde, die einen Angeltag unvergesslich macht.