Abgerechnet Wird Zum Schluss…(von Fabian Reichstein)

Was für ein verrücktes Jahr, so etwas habe ich noch nicht erlebt! Es war definitiv das schlechteste Angeljahr, in 20 Jahren Karpfenangeln! Dabei fing alles so gut an… Gleich Anfang März, als das Wasser noch sehr kalt war, fing ich meine ersten Fische und war sehr zufrieden, doch je mehr der Frühling begann und die Bedingungen besser wurden, desto schlechter wurde es für mich. Irgendwann ging das Elend los und ich bekam keine Bisse mehr!

Egal was ich auch versuchte, ich blankte mir die ganze Zeit einen ab. Der Frühling verstrich, der Sommer verging, ich versuchte alles, wechselte die Gewässer, war ständig irgendwo am füttern, doch war alles zum Scheitern verurteilt. Zumindest die Schleien waren auf meiner Seite und ich konnte ein paar schöne Exemplare fangen.

Schleien sind für mich ein beliebter Beifang, sind sie doch sehr vorsichtig und schwer zu überlisten. Ihr matter grüner Glanz gepaart mit dem roten Auge, machen sie für mich zu wunderschönen Fischen, das Schleien Angeln ist mittlerweile schon eine kleine Leidenschaft von mir geworden.

(Abwechslung ist wichtig – einseitiges Dauerfeuer wird langweilig…)

Wenn dann doch mal das unmögliche passierte, nämlich das ein Karpfen den Köder nahm, dann verlor ich diesen. Die ständigen Blank- Nächte zerrten trotzdem ganz schön an der Substanz. Ich versuchte das Beste aus meiner Lage zu machen und blieb konstant am Ball, ohne den Ehrgeiz zu verlieren und sehnte mir den Herbst herbei.

Eine Woche angeln im September verlief ebenfalls ohne Erfolg und so ging es auch weiter. Ein Kumpel versuchte mich aufzubauen und sagte: „Denk daran, abgerechnet wird immer am Ende des Jahres und bis dahin hast du ja noch ein bisschen Zeit.“

(Es muss nicht immer ein dicker Karpfen sein!)

(Nicht nur Karpfen mögen das Bloodworm Liquid…)

(Schleien sind wundervolle Fische!)

Doch die Lage verschlimmerte sich noch mehr! Ich fischte an meinem Lieblingsgewässer, wo ich eigentlich das Jahr ausklingen lassen wollte, doch mittlerweile waren ganze Horden fremder Karpfenangler doch eingefallen und es waren fast immer alle Plätze besetzt. Meinen Futterplatz zu halten war dementsprechend nicht mehr möglich. Davon mal abgesehen wurde durch den hohen Angeldruck immer schlechter am See gefangen. Am Wochenende waren meistens alle Plätze besetzt und selbst unter der Woche waren immer Angler da. Einfach gesagt- es war zum kotzen!

(Sonnenuntergänge – mehr hatte ich nicht zum Fotografieren…)

Mir blieb nur eine Möglichkeit, ich musste an ein anderes Gewässer ausweichen. Für dieses Jahr hatte ich sowieso geplant, zwei komplett neue Gewässer zu befischen, was ich auch regelmäßig machte, doch wenn eh schon das Jahr so beschissen läuft und man nichts fängt, ist es eine verdammte Tortur an unbekannten Gewässern zu fischen, die man erst mal kennenlernen muss. Aber mir blieb ja nichts anderes übrig und so baute ich mir am neuen See einen Futterplatz auf und hoffte auf Besserung. Da es zu dem Zeitpunkt schon Ende Oktober war und die Wassertemperaturen gefallen waren, entschied ich mich dazu, einen sehr attraktiven Boilie zu nehmen. So wurde der Faktor P- Mix abgerollt, als Zusatz benutzte ich Zimt, welches ich mit 40g pro Kilo Mix dosierte.

(Selbstgedrehte Faktor P Mix Kugeln sollten es richten…)

Gerade in der kalten Jahreszeit haben Gewürze eine hohe Anziehungskraft auf Karpfen. Ich vermute, dass das mit den enthaltenen ätherischen Ölen zusammen hängt, welche langsam ins Wasser auswaschen und eine hohe Lockwirkung haben. Den Futterplatz baute ich mit den besagten Boilies auf, weiterhin kamen noch Particel in Form von Mais und Weizen zum Einsatz.

Ich hatte mich bedingt durch das schlechter werdende Wetter für eine Kante entschieden, wo der Grund von 6,4m auf 7,5m abfiel. Diesen Spot setzte ich nun eine Woche lang unter Futter und fieberte dem kommenden Wochenende entgegen. Als es endlich soweit war, die erste Nacht an diesem Platz zu fischen, war ich mehr als euphorisch, war die Vorbereitung doch super, genauso wie die Wetterbedingungen.

(Der Oktober nahte und mein Fangbuch gähnte mich an…)

(Die Blätter fielen…)

Am Abend hörte ich vereinzelt Fische auf meiner Stelle rollen, die Spannung stieg. Es sollte aber noch bis in die Nacht dauern, als der Delkim endlich einen Biss signalisierte. Nach kurzer Zeit lag ein kugelrunder Spiegelkarpfen auf der Matte, ich war mehr als glücklich, hatte ich nach so langer Zeit endlich wieder einen Karpfen gefangen und dann gleich einer mit 20,5kg, was für das Gewässer auch nicht so alltäglich ist.

Der Rest der Nacht verlief ruhig, doch um kurz vor 8 Uhr bekam ich den nächsten Biss. Dieser Fisch blieb die ganze Zeit am Grund kleben und man merkte, dass dort richtig Gewicht am Haken saß. Schon der zweite Fisch, den ich an der Kante fangen konnte und als er zum ersten Mal an die Oberfläche kam, bemerkte ich erst, wie riesig er war! Der Zeiger der Waage pendelte sich später bei 26Kg ein, mit so einem Fisch hätte ich niemals gerechnet.

(Was für eine Maschine…!)

(Auch dieser Fisch hatte es in sich!)

Als erstes rief ich genau den Kumpel an, welcher vorher versucht hat mich zu motivieren und als ich ihm von meiner Nacht berichtete, war er erst mal sprachlos, wollte sich aber sofort auf den Weg machen und noch zu Besuch kommen. Später berichtete ich ihm dann persönlich von allen Geschehnissen und wie wir da so vor dem Zelt standen, lief die nächste Rute ab.

Nun stand ich am Wasser mit einer komplett krummen Rute in der Hand und der Fisch riss mit einer Kraft die Schnur von der Rolle, dass mir angst und bange wurde. Zuerst dachte ich, einen der Waller gehakt zu haben, doch dafür ließ der Fisch sich eigentlich noch zu gut führen. Der Drill zog sich wirklich lange hin, als der Fisch endlich an die Oberfläche kam, hatte ich erst Recht weiche Knie! Es war ein gewaltiger Schuppenkarpfen und wenn es dann mal läuft und der Bann einmal gebrochen ist, wundert es auch nicht, wenn die Waage wieder über 25Kg geht.

(Da hatte ich die Hand für den Dicken..)

Was  für eine Wahnsinns Session, und wie schnell es dann gehen kann die Schmach der vergangenen Monate mit einem Schlag zu vergessen, denn abgerechnet wird immer zum Schluss…

(Besser ist es man freut sich über jeden Fang – eine Durststrecke naht manchmal schneller als man denkt…)

Eine schöne Weihnachtszeit euch allen und dicke Winterkarpfen wünscht Euchl,

Fabian Reichstein