Jeder Mann kennt dieses Gefühl. Natürlich, denn schon im Mittelalter waren wir Männer die Jäger und Sammler. Daher der Trieb zum größtmöglichen Fang. Das ist ganz normal!
Mir ging es mit einem See in meiner Heimat etwa so. In sieben Jahre bekam ich meinen Zielfisch nicht in meinen Kescher überredet. Es war nicht so, dass ich mir keine Mühe gab. Ganz im Gegenteil! Mal fütterte ich Wochen und Monate lang, mal fischte ich wochenlang instant alle Ecken und Kanten des Sees ab. Ich weiß nicht wie oft die dicke Mutti mir vor der Nase weg gefangen wurde. Im siebten Jahr fasste ich den Entschluss. Ich will Sie!
(Oder bin ich doch etwa vom Instinkt ein Getriebener…)
Ich wusste ganz genau an welchen Orten und zu welcher Jahreszeit der Fisch wie und wo gefangen wird. Eigentlich wusste ich viel zu viel und zerbrach mir Nacht für Nacht den Kopf darüber. Der Fisch wurde in den letzten Jahren fast nur instant gefangen und das an vier oder fünf verschiedenen Plätzen. Warum? Ganz einfach! Weil an diesem See niemand lange Futterkampagnen startet und alle Angler auf den selben Plätzen sitzen.
Mein erster Gedanke: Füttere einen Platz, der lange nicht befischt wurde. Da wir immer noch in den Sommermonaten sind, entschied ich mich für die Freizeitseite. Auf dieser Seite befinden sich nicht nur Grillplätze und Badestrände, nein, in den Sommermonaten wimmelt es hier nur von Partykids. Mir war das jedoch recht egal!
(Gesalzene Bloodworm: Weil sie süchtig danach sind…)
Ich entschied einen kleinen Ausläufer mit steil abfallender Kante erst einmal aufzubauen. So schaffe ich vertrauen und kein anderer Angler sieht mich bei meinem Vorhaben. Das klappt auch sehr gut. Ich fütterte 20 Kilo in der ersten Woche und nochmals 15 Kilo Boilies in der zweiten Woche. In der ersten Nacht fange ich direkt sechs Fische. Ich fütterte eine gute Menge nach und wartete erneut zwei Tage ab.
In der zweiten Nacht folgen acht Fische. Das Durchschnittsgewicht liegt um die zehn Kilo. In der dritten Nacht fing ich den ersten mir bekannten Fisch im See. Einen schneeweißen Koi. Ich bin zufrieden mit meinem Erfolg. Die Futter- und Platztaktik geht auf, doch ich war mir nicht sicher, ob ich so an meinen Zielfisch komme.
(Ganz klassisch auf 24er Bloodworm Hooker…)
(Der schneeweiße in voller Bracht…)
Mittlerweile hat sich die Fressphase der Fische zwischen 10 und 18 Uhr eingependelt. Dieser Platz lässt sich wunderbar tagsüber mit Stuhl, Rucksack und zwei Ruten befischen. Nach einem besseren Fisch um die 14 Kilo, bricht das Durchschnittsgewicht drastisch ein und die kleinen haben meinen Spot unter Beschuss benommen. Leider haben einige Angler mein Vorhaben bemerkt und haben sich 50 Meter rechts und links von mir einquartiert.
(Mein Bester auf der Landzunge…)
(Kaum zu glauben, aber so sah der Schnitt hier aus…)
Im letzten Jahr wurde der Große zweimal unter einem überhängenden Baum in einer kleinen Bucht gefangen. Beide Male instant und spät im Jahr. Leider auch vier Kilo unter normal Gewicht und sehr mager. Ich probierte es einige Male an dieser Stelle, doch fing nur ein paar Weißfische.
(Warten auf das ersehnte Ende…)
Wochen vergingen und mittlerweile wurde der See belagert von Anglern. Bei uns im Verein hat sich über die Jahre ein Phänomen verbreitet. Nach der Messesaison (März, April) stürmen alle wild an die See und probieren ihr neues Tackle aus. Nach zahlreichen Blanknächten wird es über den Juni und Juli meist sehr ruhig. In dieser Zeit wird von den wenigen Anglern am See meist gut gefangen. Kriegen die Anderen dieses mit, so stürmen sie im August und September wieder los. So auch dieses Jahr. Anfang September habe ich die Nase voll! Das verflixte siebte Jahr.
(Als im September die Blümchen gingen, war es auch für mich zeit…)
Schon vor Beginn dieser Kampagne fasste ich den Entschluss diesen See nicht länger als bis Mitte September zu befischen. Gerade den Beginn des Herbstes möchte ich nicht auf einen einzigen Fisch setzen. Wenn die ersten Nächte nach dem Sommer kühler werden und morgen die herbstlichen Nebelschwaden aufziehen, heißt es ernten! Dort, wo man sich frei entfalten kann.
Dort, wo man nicht jeden Fang eines bestimmten Fisches kennt. Einfach dort, wo einem das Bauchgefühl hinträgt. Vielleicht sollte man öfters mal seinen Instinkt abschalten. Den Jagdtrieb unterdrücken und nicht versuchen, das Größte und Beste zu fangen.
(Abwechslung musste her und den Trieb etwas zu fangen befriedigen…)
Ich fütterte zusammen mit Dennis mehrere Plätze relativ groß verteilt auf verschiedenen Tiefen. Jede Woche flogen dreimal zwei Eimer Boilies und ein Eimer gemischte Partikel auf unsere Plätze. Direkt am ersten Wochenende zahlte sich genau diese Arbeit aus. Zwölf Läufe und direkt mal ein guter Fisch als Krönung.
(Einer der Fische vom gemeinsamen Wochenende…)
Die Wochen nach dem guten Start verliefen eher mäßig. Wochenlanger Ostwind und klirrende Kälte für Ende September machten es nicht gerade einfach. Wir finden weiterhin ein paar Fische doch der typische goldene Herbst lässt dieses Jahr echt auf sich warten.
(Wo bleibt er nur…)
Dann passiert genau das, was ich am Herbst so sehr liebe. Die Wettervorhersage zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Nach einer 55-Stündigen Arbeitswoche schlage ich spät Freitag am See auf. Dennis ist schon lange da und wartet auf mich.
Gegen Mitternacht lege ich meine beiden Ruten auf einen großen Ausläufer. Auf jede Rute füttere ich großflächig 2-3 Kilo Boilies. Es ist nicht wie sonst Heute. Der Wind ist viel angenehmer als der kalte Ostwind in den letzten Wochen. Etwa eine Stunde später bekomme ich schon den ersten Biss. Am Morgen folgt noch ein weiterer guter Fisch.
(Yeha, endlich waren sie voll da…)
Den Tag über legt der Wind stetig zu. Ich habe diesen Abend einfach ein richtig gutes Gefühl. Und wie es beim Zander oft so ist – mein Gefühl hatte Recht. Dennis ist erst gegen Abend von einem Grillfest zurück, legt auf die Schnelle seine Ruten auf seine Plätze und schießt am Morgen mit einem der größten Fische im See den Vogel ab. Bei mir läuft es auf allen Ruten. Ich bin gespannt was in den nächsten Wochen passiert.
(Was für ein Bulle…)
(Glückwunsch Digger, dafür rudere ich dich gerne nachts über den Fisch!…)
Keinen Kopf machen – einfach angeln gehen…
Philipp