Mit Sicherheit kennt ihr alle die euphorische Stimmung, beim Gedanken an die erste Session einer neuen Saison. Wo sind die Fische? Welches Futter soll ich verwenden? Mit welchem Rig soll ich meinen Hakenköder anbieten? Und vor allem: Lohnt es sich überhaupt bei richtig kalten Wassertemperaturen im März schon ans Wasser zu fahren?
Ich wollte genau diese Fragen, wie eigentlich in jedem Jahr, aufs Neue für mich klären und so verschlug es mich Anfang März an mein Hausgewässer. Der See ist ein großer, verkrauteter Baggersee mit Wassertiefen bis zu 16 Meter, vielen Plateaus und ausgedehnten Flachwassserbereichen. Auch wenn ich dieses Gewässer mittlerweile sehr gut kenne, ist es gerade zum Auftakt der Saison alles andere als einfach, die Fische zu lokalisieren. Bei Wassertemperaturen unter der 8-Grad-Marke greife ich oft auf Hilfsmittel wie ein Echolot zurück, da die Fische doch noch relativ träge sind. Geplant war also die Fische mit dem Echo zu finden und dann eine Woche vor der Session täglich Futter einzubringen und in einem ersten Overnighter diesen nachzustellen.
Um die Chance zu erhöhen, die Fische zu finden, unterstützten mich zwei meiner besten Angelbuddies und so war der Plan für die erste Session geschmiedet. Mit zwei Ruten pro Mann konnten wir alle potentiell interessanten Wassertiefen von 0,5 bis 5 Meter abdecken.
Nach einer ersten Ruderfahrt auf dem See war ein interessanter Bereich gefunden, was kurze Zeit später das Echolot bestätigen sollte, es waren eindeutig Karpfen zu sehen!
Voll motiviert wollten wir gleich wieder die „grobe Kelle“ einsetzen, doch nach einem Blick auf die Temperaturanzeige des Fishfinders mit ernüchternden 6,8 °C schlugen wir uns diesen Gedanken schnell wieder aus dem Kopf. Jetzt war Klasse statt Masse gefragt und das in Maßen. Dementsprechend bauten wir unser Futter aus hochlöslichen, attraktiven Komponenten zusammen. In diesem Fall aus Fliege und Leber Groundbait, 6 mm Essential Carp-Pellets und 12er Dickenmittel Boilies. So flogen jeden Tag ein bis drei Ballen Groundbait, drei Hände voll Pellets und nochmal die gleiche Menge an Boilies auf die Spots.
Dann war es endlich so weit, Freitagnachmittag nach Feierabend ging es direkt von der Halle ans Wasser, dort angekommen wurden die Boot beladen und noch vor Sonnenuntergang standen die Camps. Allerdings machte uns Sturm „Louis“ das Rutenfahren alles andere als einfach, dementsprechend froh waren wir, als alle sechs Ruten auf den gefütterten Plätzen lagen. Ich setzte auf kurze D-Rigs gebunden aus unserem 0,50 mm Fluorocarbon-Vorfach mit einzelnen 16er Dickenmittel Weightless Hookbaits, die ich schon seit Monaten im Dickenmittel 2.0 Liquid soake.
Um während der Session nicht Gefahr zu laufen, die Fische zu sättigen, bevor sie unsere Hakenköder gefunden hatten, fütterten wir lediglich eine kleine Hand voller 12er Boilies. Aber was für einen (wortwörtlichen) Lauf wir damit auslösen sollten, war keinem von uns zu diesem Zeitpunkt bewusst, denn noch vor dem Abendessen pfiff die erste Rute im Flachwasser ab. Mein Kollege konnte den ersten kampfstarken 10-Pfünder verbuchen und keine 20 Minuten später lief auch die Rute meines anderen Kollegen mit einem Schuppie in ähnlicher Gewichtsklasse ab.
Da kam ich dann doch schon etwas ins Grübeln ob ich meine Ruten auf 3.8 und 4.2 Meter an einer abfallenden Kante im Freiwasser nicht doch zu tief gelegt hatte. Doch bevor ich diesen Gedankengang beendet hatte, lief dann doch eine meiner Ruten ab und ich konnte gleich einen markanten Schuppenkarpfen mit knapp 30 Pfund auf der „Habenseite“ verzeichnen. Aber was dann passierte, würde ich bei diesen Wassertemperaturen schon fast als „Fangorgie“ bezeichnen. Nachdem ich meine Rute bei Sturm mit Böen um 80 km/h wieder abgelegt hatte, waren die andern beiden in einen Doppeldrill verwickelt und beschlossen nach diesen beiden Fischen ihre Ruten nicht mehr auszubringen – da der Wind immer mehr zunahm.
Ich wollte es jedoch nochmal wissen und war fest entschlossen meine Ruten nach jedem Biss wieder raus auf den See zu fahren. Dies sollte sich als goldrichtige Entscheidung entpuppen, denn fast stündlich lief eine meiner beiden Ruten ab uns so konnte ich bis zum Morgengrauen 5 weitere Fische zu einem Landgang überreden. Höhepunkt der Session war tatsächlich der letzte Fisch kurz vor Abbau der Zelte, einer der uralten Zeilenkarpfen, von denen wirklich nicht viele im See schwimmen, ein absoluter Zielfisch für mich!
Ich wünsche jedem von euch da draußen einen mindestens genauso guten Saisonstart.
Euer Jakobus